Bislang war der Umgang von Flugsicherung und Behörden mit der Allgemeinen Luftfahrt und insbesondere den Privatpiloten eher einseitig, wenn es um neue Ausrüstung ging: Die Behörden stellten Forderungen, die Allgemeine Luftfahrt zahlte, ohne dass für sie ein Vorteil oder eine spürbare Erhöhung der Sicherheit dabei herauskam. So war’s bei der Pflicht zur Ausrüstung mit Mode-S-Transpondern oder bei der (nur für Deutschland geltenden) Verpflichtung zu 406-MHz-ELTs, und so kommt es bei der bevorstehenden Pflicht zu 8.33-kHz- Funkgeräten auch bei VFR-Flügen. Doch jetzt könnte erstmals eine Ausrüstungsverpflichtung ins Haus stehen, die für Piloten einen echten Vorteil mitbringt.

Die Rede ist von ADS-B (Automatic Dependent Surveillance-Broadcast). Im Kern ist das eine Transponder-Technologie, bei der jedes Flugzeug neben weiteren Informationen seine GPS-Position ausstrahlt. Auf der ohnehin von Mode-S-Transpondern genutzten Frequenz 1090 MHz werden die ADS-B-Informationen von entsprechend ausgerüsteten Transpondern in einem zusätzlichen Datenpaket namens Extended Squitter (ES) ausgestrahlt.

Wichtigster Vorteil: Kollisionswarner im Cockpit können so die präzise Position anderer Flugzeuge empfangen und bei Gefahr Alarm schlagen. Das ist der Grund dafür, dass ADS-B für Flugzeuge über 5,7 Tonnen Abfluggewicht bereits vorgeschrieben ist. Für kleinere Maschinen ist eine entsprechende Verpflichtung im EASA-Raum immer wieder im Gespräch. Sie würde das Problem von Mid-Airs, also Kollisionen in der Luft, vermutlich ebenso nachhaltig lösen wie zuvor in der Großluftfahrt.

Das ist einer der Gründe, warum man in den USA bereits eine ADS-B-Pflicht für alle Verkehrsteilnehmer in den vielbeflogenen Lufträumen eingeführt hat: Sie gilt ab 2020, weshalb das Thema derzeit Flugzeughaltern und Avionik-Herstellern besonders wichtig ist, denn bis dahin müssen zehntausende Maschinen ausgerüstet werden.

 

Doch die US-Luftfahrtbehörde FAA hat den Zwang zur ADS-BAusrüstung mit einem klaren Nutzen für die Piloten verbunden: Parallel wurde ein zweites ADS-B-System auf einer weiteren Frequenz eingeführt, das größere Datenmengen übertragen kann. Es heißt Universal Access Transceiver (UAT) und arbeitet auf 987 MHz. Ein Netz von Bodenstationen in den USA strahlt auf dieser Frequenz Informationen aus, die von passenden Empfängern im Cockpit ausgewertet und auf Multifunktionsdisplays oder Tablet-Computern angezeigt werden können. Mit dabei: die aktuelle Verkehrslage in der Umgebung des Flugzeugs nicht nur inklusive aller ADS-B-Flugzeuge, sondern auch aller »alten« Transponder. Der Pilot sieht, was der Fluglotse sieht.

 

Ebenso interessant: aktuelle Wetterinformationen einschließlich METAR, TAF und Niederschlagsradar.

Und schließlich: kurzfristige Luftraumsperrungen, wie sie etwa wegen Bränden, schwerer Unfälle oder Großveranstaltungen eingerichtet werden.

 

Niemand wird ernsthaft bestreiten, dass mit dem Empfang solcher aktuellen Informationen im Cockpit ein ganz erheblicher Sicherheitsgewinn einhergeht. Und deshalb setzt sich die AOPA bei den derzeit wieder aufkommenden Diskussionen um eine ADS-B-Pflicht in Europa nachdrücklich dafür ein, dass eine solche mit dem zusätzlichen Sicherheitsgewinn eines Bodenstationsnetzes mit Verkehrs und Wetterausstrahlung verbunden wird. Die Technologie ist in den USA vorhanden. Wir sind überzeugt, dass die meisten Piloten sogar freiwillig ihre Maschinen mit der neuen Technik ausstatten würden, wenn der Nutzen nur groß genug ist. GPS und FLARM sind dafür hervorragende Beispiele.

 

Die Probleme sind nicht unerheblich: Zum einen ist derzeit die Frequenz 987 MHz durch militärische TACAN-Navigationsanlagen belegt. Deren Frequenzwechsel wäre aber wohl machbar. Zum anderen kostet ein ADS-B-Bodennetz ebenso Geld wie die Daten, die es ausstrahlt. Es wäre aber eine maßgebliche Investition in die Sicherheit – und deshalb setzen wir uns seit Jahren dafür ein, dass die Kosten für den Aufbau eines UAT-Netzwerks endlich geprüft werden. Einer ADS-B-Pflicht für Flugzeuge unter 5,7 Tonnen MTOM muss aus unserer Sicht eine mehrjährige Phase der freiwilligen Nutzung vorausgehen.

Diese Art der Informationsübertragung ins Cockpit ist übrigens auch Teil der Agenda für die Zukunft der Allgemeinen Luftfahrt des EU-Parlaments von 2008: Sie wurde dort als einer der Vorteile aufgeführt, die die AL aus den Neuerungen des SESAR-Programms erhalten soll.

 

Wir als Verband unterstützen eine ADS-B-Ausrüstungsverpflichtung allerdings nur, wenn sie mit niedrigen Kosten umsetzbar ist und auch mit einem entsprechenden Nutzen für die Piloten verbunden ist.

 

Das Europäische Parlament hat im Jahr 2008 eine „Agenda für eine nachhaltige Zukunft der Allgemeinen Luftfahrt und der Geschäftsreiseluftfahrt (2008/2134(INI))“ veröffentlicht, in der es dem europäischen Flugsicherheitsprojekt SESAR klare Vorgaben für die AL mit auf dem Weg gibt:

 

Das Europäische Parlament

14. unterstreicht jedoch, dass das Programm SESAR den Besonderheiten der allgemeinen Luftfahrt und der Geschäftsreiseluftfahrt in vollem Umfang Rechnung tragen und dem Sektor echte Vorteile bringen muss, ohne ihn unnötig zu belasten;
15. ist der Ansicht, dass eines der Ziele sein sollte, Nutzern von Flügen nach Sichtflugregeln Zugang zu Verkehrs-, Wetter- und Luftfahrtinformationen in benutzerfreundlicher und kostengünstiger Weise zur Verfügung zu stellen;
16. verlangt nachdrücklich, dass die Rechtsvorschriften im Bereich des „einheitlichen europäischen Luftraums“ und SESAR nicht zu unverhältnismäßigen Ausrüstungsanforderungenfür kleine, nach Sichtflugregeln betriebene Flugzeuge führen;

Das liest sich wirklich sehr gut, passiert ist in diesem Sinne in SESAR bislang trotz der intensiven Mitarbeit der IAOPA jedoch denkbar wenig. Immer wieder wurden wir vertröstet, Maßnahmen zur Erhöhung der Kapazität für Airlines an hochfrequentierten Flughäfen hatten eine höhere Priorität als Sicherheitsfragen der AL. Aber das soll sich jetzt ändern: Zurzeit starten eine Reihe von Projekten, die sich mit der Integration der AL in das Flugsicherungsnetzwerk befassen.

Auch viele Airlines machen derzeit Druck, denn sie wollen allen Verkehr, dem sie im unteren Luftraum speziell in „Echo“ begegnen können, auch möglichst frühzeitig elektronisch erkennen können. Auf eine rein visuelle Separierung will man sich nicht mehr verlassen müssen. Ein weiteres Problem stellen unbemannte Fluggeräte dar, die in immer größerer Zahl betrieben werden, an deren Piloten keine Anforderungen gestellt werden und die leicht in Höhen bis 5000 m aufsteigen können. Immer wieder kommt es zu gefährlichen Annäherungen, wie zuletzt in Warschau zwischen einer Drohne und einem Lufthansa-Jet. FLARM zeigt bereits auf, wie Kollisionsvermeidung elektronisch kostengünstig unterstützt werden kann. Jedoch werden FLARM-Signale von konventioneller Avionik wie in den Airline-Cockpits nicht angezeigt.

 

Die Verbände EBAA, ECOGAS, ERAC, GAMA und IAOPA haben in einem gemeinsamen Papier ihre Position zu ADS-B verdeutlicht, es kann hier abgerufen werden.

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