In Corona-Zeiten häufen sich tiefe Anflüge an Verkehrsflughäfen.

Manche Behörden wollen das als Unterschreitung der Mindesthöhe verfolgen

Eine Nebenwirkung der Covid-Pandemie ist, dass internationale Verkehrsflughäfen derzeit nur sehr schwach ausgelastet sind. So sind dort kleine Flugzeuge zur Zeit oftmals willkommen. Für Piloten der Allgemeinen Luftfahrt ist es natürlich interessant, Anflüge auf Verkehrsflughäfen direkt vor ihrer Haustür bis kurz vor der Landung zu üben, ohne wirklich aufzusetzen.

Aber wie es so ist: Irgendjemand stört sich immer daran, wenn die General Aviation verstärkt auftaucht, wo sie vorher nicht war. Aus Dänemark haben wir von unseren AOPA-Kollegen vor einigen Monaten erfahren, dass es zu Beschwerden gekommen sei, weil kleinere Flugzeuge verstärkt den Flughafen Kopenhagen-Kastrup angeflogen sind. Dort fand man auch eine Begründung, um die Piloten zu sanktionieren: Die Abschnitte SERA.3105 und SERA 5005 (f) der Single European Rules of the AIR (SERA). Sie besagen:

SERA.3105 Mindesthöhen

Außer soweit es bei Start oder Landung notwendig ist (…), dürfen Luftfahrzeuge über Städten, anderen dicht besiedelten Gebieten und Menschenansammlungen im Freien nur in einer Höhe geflogen werden, die im Fall einer Notlage eine Landung ohne ungebührende Gefährdung von Personen oder Sachen am Boden erlaubt.

SERA.5005 Sichtflugregeln

  1. f) Außer wenn dies für Start und Landung notwendig ist (…), darf ein Flug nach Sichtflugregeln nicht durchgeführt werden (…) in einer Höhe von weniger als 150 m (500 ft) über dem Boden oder Wasser (…).

Die Interpretation der dänischen Beschwerdeführer war die, dass ein Low Approach eben gerade nicht die Absicht beinhalte, zu starten oder zu landen – und deshalb eine Unterschreitung der Mindesthöhe bei diesem Manöver auch an einem Flugplatz nicht rechtens sei.

Unsere Kollegen der AOPA-Dänemark haben sich vermittelnd eingeschaltet und die Europäische Kommission sowie die EASA nach ihrer Interpretation der Rechtslage gefragt. Die Antwort aus der EU-Kommission war eindeutig: Natürlich ist es normal, an Flugplätzen auch Übungsanflüge durchzuführen, ohne dabei zu landen. >> Im Allgemeinen haben wir, wenn eine bestimmte Aktivität erlaubt ist, berücksichtigt, dass auch das Üben dafür erlaubt ist. Das Üben kann normalerweise in einem Kurs als auch mit einem Ausbilder und alleine stattfinden <<, hieß es weiter.

Also: SERA.5005 f) dient zur Abwehr von Risiken, die dem Unterschreiten der Sicherheitsmindesthöhe drohen. Bei Übungsanflügen und anschließendem Durchstarten an einem Flugplatz auch unterhalt von 500 Fuß drohen aber keine erhöhten Risiken. Erfreulicherweise wurden nach erfolgreicher Klärung der Rechtslage in Dänemark alle Ermittlungsverfahren eingestellt.

Doch auch in Deutschland verweisen die ersten Kritiker offenbar auf diese SERA-Regelungen und drängen die Behörden zur Einleitung von Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen Piloten wegen Anfliegns an Verkehrsflughäfen ohne die Absicht, dort zu landen. Das Problem stellt sich ebenso an manchen kleineren Flugplätzen.

Die AOPA-Germany hält, wie die Kollegen in Dänemark, argumentativ dagegen. Nochmal: Übungsanflüge ohne Landung sind völlig sicher durchzuführen und damit legal. Allerdings sollte klar sein: So ein Übungsanflug ist etwas ganz anderes als das Verhalten mancher Piloten. Sie weichen von den normalen Verfahren bei Start und Landung ab und fliegen mit einer Geschwindigkeit, die zum Üben eines Anflugs viel zu hoch ist, im Tiefflug über die gesamte Piste und ziehen dann steil hoch, oder sie drehen noch unter 500 Fuß über Grund seitlich von der Piste weg über ein Terminalgebäude oder ein belebtes Vorfeld. Das hat mit einem Übungsflug nichts mehr zu tun, stellt ein erhöhtes Risiko dar und wird von der Rechtslage nicht geschützt.

Missverständnisse sind auch dadurch enstanden, dass Fluglotsen vereinzelt solche Tiefflug-Freigaben erteilt haben. Allerdings dürfen Piloten dies nicht als Freibrief verstehen, denn ein Lotse kann sie nicht von der Verpflichtung zur Einhaltung der Sicherheitsmindesthöhe entbinden.

Es gilt also, die bestehenden Regeln mit Augenmaß zu interpretieren – dann sind auch erlebnisreiche Übungsanflüge an Verkehrsflughäfen und Landeplätzen rechtlich kein Problem.

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