Klimadebatte: Mit dem Steueraufkommen der Allgemeinen Luftfahrt könnten Kompensationszahlungen für das von ihr erzeugte Kohlendioxid finanziert werden
Wer heute einen Airline-Flug bucht, erhält dazu meist auch das Angebot, die klimaschädlichen Auswirkungen des Flugs mit einer Zahlung zu kompensieren. Ist das nichts weiter als eine Art moderner Ablasshandel, wie es ihn im Mittelalter in den Kirchen zum Freikauf von Sünden gab? Oder ist das tatsächlich wirksam gegen den Klimawandel?
Am wichtigsten: Taugt das Modell für die Allgemeine Luftfahrt? Die grundlegende Annahme der aktuellen Umweltdiskussion ist die, dass die Menschheit in Summe zu viel Kohlendioxid (CO2) ausstößt. Heute beträgt der CO2-Ausstoß pro Person in Europa 8400 Kilo pro Jahr. Er soll nach Plänen der Bundesregierung bis zum Jahr 2030 etwa um die Hälfte reduziert werden. Umweltgruppen setzen deutlich aggressivere Ziele, manche wollen auf nur noch 600 Kilo pro Mensch und Jahr kommen, andere ganz auf null.
Deutlich wird, dass sich die Umweltziele je nach politischem Standpunkt stark unterscheiden – nicht das richtige Thema für diese Kolumne. Von einer „nebenwirkungsfreien“ Deckung des menschlichen Energiebedarf aus Wind-, Wasser- oder Solarenergie sind wir jedenfalls noch weit entfernt. Zur Problemlösung fordern viele politischen Gruppierungen zum Verzicht auf: Fliegen muss aufhören, Autofahren muss aufhören, Fleischkonsum muss aufhören, und so weiter. Doch solche Forderungen nach Verzicht und grundlegendem Wandel werden offenbar von einer Bevölkerungsmehrheit nicht akzeptiert. Ein weiterer Lösungsansatz zur Reduzierung des CO2-Gehalts in der Atmosphäre ist der, das Gas wieder herauszuholen. Der natürliche Weg dazu: Pflanzen oder Algen holen mit der Fotosynthese CO2 aus der Luft. Aufforstungen in großem Stil könnten eine erhebliche Reduktion des Treibhausgases bewirken; gerade hat das eine viel beachtete wissenschaftliche Untersuchung wieder bestätigt. Genau darauf zielen auch die Kompensationszahlungen bei Flugtickets ab.
Ein Beispiel aus der Praxis: Für eine Dienstreise nach Frankreich habe ich einen Flug von Frankfurt nach Bordeaux und zurück gesucht. Die Ticketkosten betrugen etwa 500 Euro. Mir wurde angeboten, die 194 Kilo CO2 zu kompensieren, die aus der Verbrennung meines Anteils am Spritverbrauch entstehen: 62 Liter Kerosin. Zur Wahl standen zwei Optionen: Für die Pflanzung von Bäumen und deren Wirkung über 20 Jahre hätte ich 3,88 Euro zahlen können, 6 Cent pro Liter. Es gibt allerdings kein allgemein anerkanntes Preisniveau für Kompensationen; andere Anbieter kalkulieren mit etwas über 10 Cent pro Liter Kerosin; „Fridays for Future“ und das Umweltbundesamt (UBA) fordern sogar 180 Euro pro Tonne CO2, das entspricht 45 Cent pro Liter.
Deutlich teurer und noch nicht wirklich praktikabel ist eine schnelle Lösung über nachhaltig erzeugten synthetischen Kraftstoff: Das kostet dann 94,70 Euro für den Beispielflug, also 1,53 Euro pro Liter – 24mal teurer als die günstigste Annahme beim Aufforsten, dreimal höher als die UBA-Berechnung. Synthetischer Kraftstoff wird im „Power to Liquid“-Verfahren aus CO2 in der Luft mit Hilfe von Elektrizität hergestellt. Das große Problem dabei ist, dass riesige Mengen nachhaltig erzeugten Stroms benötigt werden. Der hohe Preis würde mit dem Aufbau einer industriellen Produktion langfristig wohl auf etwa einen Euro sinken. Befürworter der Kompensation sehen allerdings Grenzen: Sie wollen nur den CO2-Ausstoß aus Quellen kompensieren, die eine Chance haben, in der Zukunft nachhaltig zu werden. Zu den Branchen mit solchen Zukunftschancen zählt man offenbar auch den Luftverkehr, sowohl auf der Kurz- als auch auf der Langstrecke.
Ist das ein Modell für uns? Die private Allgemeine Luftfahrt zahlt bereits sehr hohe Steuern auf ihren Treibstoff: Pro Liter Avgas sind dies aktuell 72,1 Cent, mit der Mehrwertsteuer steigt die Steuerlast auf über einen Euro. Man könnte also durchaus fordern, dass eine Regierung, die es mit dem CO2-Abbau ernst meint, einen fixen Anteil aus dem bereits entstehenden Steueraufkommen der Allgemeinen Luftfahrt in entsprechende Kompensationsprojekte investiert. Solch ein konstruktiver Ansatz wäre mir allemal lieber als eine plumpe Diskussion von Verboten oder absurd hohen Pauschalzahlungen
„pro Flug“, die jeder sachlichen Grundlage entbehren.
Michael Erb
Sehr gut & sachlich geschrieben! Ich selbst zahle seit längerem für meine privaten Flugstunden Kompensation bei „atmosfair“.
Nein Danke! Ich finde es nicht gut noch mehr zu zahlen oder irgendwelche Kompensationen durchzuführen. Wir Flieger zahlen genug. Was wird denn mit den Einnahmen gemacht? Forschung und Entwicklung z.B. von CO2- neutralem Avgas. Nein! Das Geld (Steuern)wird dazu benutzt, um Löcher im Haushalt zu stopfen oder in der Welt zu verteilen. Und auf eines muss ich ganz besonders Hinweisen, was die AOPA Germany gar nicht im Blick hat. Gerade den Grünen geht es eigentlich nur um ein Ziel: Die Allgemeine Luftfahrt soll so teuer gemacht werden, damit sie schrumpft, um sie letztendlich ganz platt machen zu können. Benennen wir doch die Fakten wie sie sind. Alles andere ist ein verklärter Blick auf die nicht mehr schöne Flieger Welt.
Ich habe es schriftlich von „atmosfair“: 90 Prozent des Beitrages werden direkt in Klimaschutzprojekte investiert, 10 Prozent kosten Verwaltung, etc. „CO2-neutrales AVGAS“ wird es nie geben, dafür sind die Mengen viel zu klein und die Forschung hat andere Prioritäten (zivile Luftfahrt, Autoverkehr).
Was irgendwelche Teile der „Grünen“ wollen, ist für mich nicht relevant wenn ich mich an solchen Projekten beteilige. Bei 100 h Cirrus SR22 pro Jahr kostet mich die Kompensation € 25 pro Monat, also weniger als 10 Liter Avgas.. Das ist drin.