Jeder weiß, zu einer ordentlichen Flugvorbereitung gehört ein Met-Briefing. Da gibt es für kaum einen Piloten einen Zweifel. Aber wie ist das eigentlich mit einem NOTAM-Briefing vor jedem Flug? Hand aufs Herz, wer macht das wirklich? Und wer hat das überhaupt im Rahmen seiner Flugausbildung beigebracht bekommen?

 

NOTAM sind „Informationen über zeitlich befristete Änderungen zum Luftfahrthandbuch (AIP), die von Bedeutung für den Flugverkehr sind“, so heißt es amtlich. Das können Informationen zu neu errichteten Hindernissen, zu Frequenzänderungen, zu vorübergehenden Flugplatzschließungen (z.B. über Weihnachten), aber auch zu zeitweilig eingerichteten Gebieten mit Flugbeschränkungen sein.

 

Solche zeitweiligen Flugbeschränkungsgebiete, z.B. für eine militärische Übung, zum Papstbesuch oder zum Schutz eines internationalen Gipfeltreffens, werden nun nicht „über Nacht“ eingerichtet (außer im Katastrophenfall), sondern zuvor als Supplement zum Luftfahrthandbuch AIP und AIP VFR einige Wochen vorher veröffentlicht und zusätzlich als NOTAM bekannt gemacht, damit auch wirklich jeder Bescheid weiß. So die Theorie. In der Praxis sieht das allerdings so aus, dass einige Piloten die entsprechenden NOTAM nicht kennen und dann schon mal in ein solches Gebiet hineinfliegen – und dabei oft erwischt werden, denn diese Gebiete, insbesondere wenn sie zum Schutz von Personen am Boden eingerichtet sind, werden vom Boden wie aus der Luft streng überwacht. Ein VFR-Flieger mit der riesengroßen Kennung am Rumpf ist da schnell erkannt, und der Eindringling mit Namen und Anschrift ausfindig gemacht. Was dann folgt ist ausgesprochen unangenehm.

 

Denn anders als viele vermuten, ist der unerlaubte Einflug in ein Flugbeschränkungsgebiet keine Ordnungswidrigkeit, sondern eine Straftat. In § 62 LuftVG heißt es: „ Wer als Führer eines Luftfahrzeuges den Anordnungen über Luftsperrgebiete und Gebiete mit Flugbeschränkungen zuwiderhandelt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwerer Strafe bedroht wird. Wer die Tat fahrlässig begeht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu einhundertachtzig Tagesätzen bestraft.“ Üblicherweise verhängen die Richter beim ersten Mal eine Geldstrafe, im Wiederholungsfall droht eine Haftstrafe zur Bewährung.  Die Gerichte, die solche Fälle behandeln, haben da also wenig Spielraum, geschweige denn Verständnis, Denn schließlich wissen auch die Richter, dass so ein Gebiet zeitgerecht veröffentlicht worden ist und damit jedem hätte bekannt sein müssen. Ganz abgesehen davon, dass solche „Großereignisse“ auch in der Presse angekündigt werden und Piloten sich an solchen Tagen besonders auf den Flug vorbereiten müssen. Wir sind der Meinung, dass diese Strafen im Verhältnis zur Ahndung wirklich schwerwiegender Verbrechen unverhältnismäßig hoch sind, können das Strafmaß aber nicht beeinflussen.

 

Ein NOTAM-Briefing gehört folglich genauso wie ein Met-Briefing zu jeder Flugvorbereitung. In Deutschland ist das eine einfache Sache mit dem VFReBulletin, die kostenlose Registrierung erfolgt unter www.dfs-ais.de. Dort werden alle NOTAM in deutscher Sprache veröffentlicht. NOTAM zu Flugbeschränkungen enthalten Hinweise auf die entsprechenden AIP-Supplements, die anschaulich mit Karte und Text die Art und den räumlichen Umfang der Beschränkung darstellen. Wer ein Luftfahrthandbuch AIP oder AIP VFR nicht zu Hause hat, findet an jedem Flugplatz ein Exemplar und kann sich dort informieren. Es gibt also keine Entschuldigung, man hätte es nicht gewusst.

 

Ein ganz anderes Thema ist, ob die zum Personenschutz eingerichteten Flugbeschränkungsgebiete immer so riesengroß ausfallen und großflächig Lufträume sperren müssen. Sicherlich hat der Schutz von Veranstaltungen gerade in der heutigen Zeit einen ganz besonderen Stellenwert. Aber muss es denn immer ein Gebiet mit Flugbeschränkung sein, das für den VFR-Flug letztlich wie ein Sperrgebiet wirkt und deren Verletzung als Straftat eingestuft wird? Mit dem durch SERA eingeführten Luftraumelement einer Radio Mandatory Zone (RMZ) ist es möglich, die Auswirkungen auf den Luftverkehr auf ein Mindestmaß zu reduzieren.

Zum ersten Mal wurde anlässlich der Münchner Sicherheitskonferenz im Februar 2015 anstelle einer großen ED-R eine RMZ mit einem Radius von 9 NM um den Ort der Konferenz eingerichtet, nur im Kern dieses Gebietes gab es ein Flugbeschränkungsgebiet ED-R mit einem Radius von 2,5 NM. In der RMZ „München“ mussten alle VFR-Flüge Funkverbindung auf der Frequenz 130.800 MHz (POLICE INFO) herstellen und eine dauernde Hörbereitschaft aufrechterhalten. IFR-Flüge waren nicht betroffen. Eine Anmeldung vorab bei der Polizeihubschrauberstaffel Bayern wurde empfohlen.

Mit dieser neuen Konstruktion wurden zwei Ziele erreicht:

– Ein Flug durch den äußeren Bereich war nach Rücksprache möglich

– Unerlaubte Einflüge in den äußeren Bereich (RMZ) konnten als Ordnungswidrigkeit geahndet werden, stellten aber im Gegensatz zum Einflug in die ED-R keine Straftat dar.

Wir begrüßen dieses Umdenken bei den Sicherheitsorganen und dem letztlich verantwortlichen Bundesverkehrsministerium außerordentlich und finden, dass dadurch ein entscheidender Beitrag zur Entkriminalisierung von Piloten geleistet wurde, die sicherlich eine schlechte Flugvorbereitung durchgeführt haben, aber keinerlei kriminelle Absichten hatten.

Das nächste Großereignis in Deutschland wirft aber bereits seine Schatten voraus. Der G7-Gipfel im bayerischen Schloss Elmau an der Grenze zu Österreich in der Nähe von Garmisch-Partenkirchen am 6. und 7 Juni 2015 wird nicht nur massiv am Boden, sondern auch wieder auf der Luftseite großflächig abgesichert werden. Zu erwarten ist an diesem Wochenende eine weiträumige Einschränkung des VFR-Verkehrs im Luftraum zwischen dem Flughafen München und Schloß Elmau, vermutlich in einem Radius von 25 NM um die direkte Linie zwischen diesen beiden Punkten. Wir würden es sehr begrüßen, wenn die zur Münchner Sicherheitskonferenz neu eingeführten abgestuften Luftraummaßnahmen auch während des G7-Gipfels angewendet würden.

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