(EU und Bundesregierung haben dieser unendlichen Geschichte ein weiteres Kapitel hinzugefügt – ein vermeintlich letztes!?)
Seit ihrer Einführung ist die Zuverlässigkeitsüberprüfung ein Ärgernis für die Luftfahrer und dies nicht nur für die nicht gewerblich tätigen. Immer wieder hat es Versuche gegeben, gerichtlich und politisch gegen die mit ihr verbundene Beschränkung des Zugangs zur Pilotentätigkeit vorzugehen. Zunächst haben (Bestands-)Piloten argumentiert, dass die mit § 7 Luftsicherheitsgesetz (LuftSiG) eingeführte Verpflichtung zur (regelmäßigen) Antragstellung auf Durchführung einer Luftsicherheitsüberprüfung (und der damit verbundene gesetzlich angeordnete Verlust der Lizenz, falls ein solcher Antrag nicht gestellt wird) ohne hinreichenden Grund in ihre Rechte eingreift. Die deutschen Gerichte – bis hin zum Bundesverfassungsgericht – sind dieser Auffassung allerdings nicht gefolgt. Schließlich blieb nur noch eine Hoffnung – die Europäische Union, die wegen der Verknüpfung dieser Überprüfung mit der Lizenzerteilung in der bis Mai 2020 geltenden Fassung des § 4 Luftverkehrsgesetz (LuftVG) ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland eröffnet hatte. Der deutsche Gesetzgeber war dadurch erheblich unter Druck geraten, da die EU-Kommission in der Regelung des (alten) § 4 LuftVG die Statuierung einer zusätzlichen, nicht in Teil-FCL der Verordnung (EU) Nr. 1178/2011 vorgesehenen, Voraussetzung für die Erteilung einer Pilotenlizenz gesehen hat. Denn eine solche Hinzufügung weiterer Bedingungen sieht aber die genannte Verordnung nicht vor. Anstatt aber die in der EU einmalige Art der Luftsicherheitsüberprüfung von (angehenden) Piloten abzuschaffen, wurde – wie es die Bundesregierung in ihrem Gesetzentwurf (BT-Drucks. 19/16428, S. 11) formuliert hatte – mit dem Gesetz zur Verbesserung der Rahmenbedingungen luftsicherheitsrechtlicher Zuverlässigkeitsüberprüfungen vom 22. April 2020 (BGBl. I S. 840) die Erteilung einer Erlaubnis als Luftfahrer von der Zuverlässigkeitsüberprüfung nach dem Luftsicherheitsgesetz entkoppelt.
Die Erlaubniserteilung selbst ist – wegen der Streichung des 2. Halbsatzes aus § 4 Absatz 1 Satz 2 Nr. 3 LuftVG – nunmehr (formal) nicht mehr von einer erfolgreich abgeschlossenen Zuverlässigkeitsüberprüfung abhängig. Allerdings sind sowohl die Aufnahme der Ausbildung als Luftfahrer (§ 7 Absatz 6 LuftSiG) als auch der Fortbestand einer Erlaubnis (vgl. Regelung zum Widerruf in § 4 Absatz 3 2. Halbsatz LuftVG) an eine positiv abgeschlossene Zuverlässigkeitsüberprüfung geknüpft. Es ist damit nach wie vor so, dass die Erlangung bzw. der Erhalt der Lizenz an eine zusätzliche, im EU-Recht (insbesondere der Verordnung (EU) Nr. 1178/2011 und deren Anhängen) nicht vorgesehene Bedingung gebunden ist.
Die Bundesregierung stellt in ihrem Gesetzentwurf selbst fest, dass mit „dieser Änderung … festgelegt (wird), dass eine abgeschlossene Zuverlässigkeitsüberprüfung auch für die Betätigung als Luftfahrer und die Aufnahme einer Ausbildung zum Luftfahrer im Sinne von § 7 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 Voraussetzung ist“ (BT-Drucks. 19/16428, S. 16). Wie das mit der beabsichtigten bzw. behaupteten „Entkopplung“ zu vereinbaren ist, erschließt sich aus der Gesetzesbegründung hingegen nicht. Dennoch hat sich die Kommission der Meinung Deutschlands angeschlossen, dass „der formelle Verstoß gegen das EU-Recht beendet zu sein (scheint), da die ZÜP nun von der Erteilung einer EU-Pilotenlizenz formell getrennt ist“ (E-Mail eines Kommissionsmitarbeiters an die AOPA Germany. Immerhin schrieb er „scheint“, auch wenn das den Inhabern und Bewerbern eines/für eine Pilotenschein nicht wirklich hilft! Und ganz sicher ist man sich bei der Kommission offensichtlich auch nicht.
Dr. Heiko van Schyndel, Co-Autor des Frankfurter Kommentars zum LuftVG/LuftSiG
Rechtsanwalt (Berlin)
Was macht die AOPA-Germany jetzt?
Die juristische Analyse von Dr. van Schyndel ist klar, realistisch und unerfreulich. Man muss leider festhalten, dass es nach der letztlich erfolglosen Bestreitung des Rechtsweges auf nationaler Ebene bis hin zum Bundesverfassungsgericht und nach der ebenfalls erfolglosen Einschaltung der Europäischen Kommission derzeit keine weitere juristische Handhabe mit Aussicht auf Erfolg gegen die ZÜP gibt. Sie kann nur auf dem politischen Weg wieder abgeschafft werden. Angesichts der derzeitigen politischen Konstellation auf Bundesebene ist dies allerdings nicht zu erwarten. Die AOPA-Germany wird das Thema ZÜP deshalb aber nicht zu den Akten legen. Oft zahlt sich der lange Atem im politischen Geschäft aus, genauso wie beim Thema „Fliegen ohne Flugleiter“: Hier ist ja nach unserem Einsatz bei der ICAO über einen Zeitraum von mehr als 10 Jahren ein Erfolg doch noch in greifbare Nähe gerückt. Wir geben nicht auf.
Weshalb wird seit Jahren von den Verbänden wegen der ZÜP so ein Aufhebens gemacht? Diese „Generalverdachts“-Debatte ist doch lächerlich. Meine Güte, es git weit wichtigere Pobleme: Man muss alle 5 Jahre ein Formular unterschreiben und 35 Euro zahlen.
Marc Wennberg
Stuttgart