Die Betreiber von kommerziellen Drohnen drängen auf den Markt. Sie wollen auch jenseits einer Sichtverbindung zu einem Steuerer am  Boden flächendeckend und autonom fliegen: Pakete und warme Speisen direkt zu den Kunden bringen, und zwar überall. Das Schlagwort für das Fliegen ohne Sichtverbindung heißt BVLOS und steht für Flugbetreib „Behind Visual Line of Sight“. Um dies sicher zu realisieren bedarf es vieler Regeln und Systeme, die es aber noch nicht gibt. Die Europäische Kommission sieht sich hier in der Verantwortung und will bis Mitte des Jahres 2020 ein Regelwerk für den Flugbetrieb erstellen. Ein ganz entscheidender Faktor für den Erfolg von BVLOS-Drohnen ist die Schaffung eines Luftraums, der an die besonderen Charakteristika der Drohnen angepasst wird. Denn ein reines See and Avoid mit den bekannten Ausweichregeln für den Sichtflug etwa im Luftraum „Golf“ funktioniert nicht mehr, alleine schon weil die Piloten bemannter Luftfahrzeuge die kleinen und agilen Drohnen gar nicht mehr optisch wahrnehmen können. Die Wünsche und der Zeitdruck der zukünftigen Drohnen-Betreiber wurden für uns anlässlich eines Drohnen-Workshops der EASA im Mai 2019 ersichtlich und auch als Workshop-Ergebnisse öffentlich einsehbar dokumentiert:

 

Die zunächst angestrebte Luftraum-Lösung soll im bodennahen Luftraum bis 500ft GND erfolgen, sie wird U-Space genannt, ein Kunstwort, das sich aus der Abkürzung für Unmanned Aerial Vehicles und Luftraum zusammensetzt.
Aus unserer GA-Perspektive ist die zentrale Schwäche die getroffene Grundannahme der Lösung, dass unterhalb von 500 Fuß gemäß ICAO-Vorgaben und SERA 5.005 f) abseits von Flugplätzen sowieso keine bemannte Luftfahrt stattfindet, und dass man sich im U-Space deshalb folglich nur mit dem Ausweichen von Drohnen untereinander befassen muss. Die offenbar mit der heißen Nadel gestrickte Antwort auf vorgetragene Kritik offenbart große Ahnungslosigkeit und macht alles nur noch schlimmer, denn sie fordert jetzt, dass die bemannte Luftfahrt sich vor dem Einflug in den U-Space anmelden und im Zweifelsfall dafür auch gleich bezahlen soll. Wir als AOPA bzw. europäische IAOPA sind im Gespräch mit den europäischen und nationalen Gremien, und nicht zuletzt natürlich auch mit unseren Kollegen aus Luftsport und Berufsluftfahrt. Es besteht bei allen Luftfahrtverbänden der bemannten Luftfahrt ganz unzweifelhaft Einigkeit darüber, dass sich die Drohnen anpassen und an bestehende Spielregeln halten müssen:
• Drohnen müssen immer den bemannten Luftfahrzeugen ausweichen, schon weil ein partnerschaftliches „See and Avoid“ angesichts der geringen Abmessungen und der Vielzahl der geplanten Drohnen nicht mehr funktioniert.
• Eine vorherige formelle Erlaubnis zum Einflug in den U-Space kann von der bemannten Luftfahrt nicht eingeholt werden, es sei denn es handelt sich etwa um längerfristig geplante Luftarbeit. Alle Betreiber von tieffliegenden Rettungshubschraubern haben ganz andere Probleme, und Piloten von Segelflugzeugen, die eine ungeplante Außenlandung durchführen, können auch selbst 5 Minuten vor der Außenlandung noch nicht festlegen wo sie stattfinden wird. Ganz ähnlich sieht es bei Ballonen, Drachenfliegern und Gleitschirmen aus, und bei Notlandungen hat man erst recht keine Zeit für Formalitäten.
• Der bemannten Luftfahrt dürfen keine Kosten für den Einflug in den U-Space entstehen. Sollte es für die bemannte Luftfahrt notwendig werden, sich mit elektronischen Geräten sichtbar zu machen, etwa für Gleitschirmpiloten ohne konventionelle Transponder, dann sind dafür die Kosten von den Verursachern der neuen Anforderungen zu tragen, also den Drohnen.
In der Überschrift steht, dass unser Ziel ist, aus Zitronen Limonade zu machen. Ist das angesichts der Probleme etwas übermütig, oder doch realistisch? Das Potential, dass sich durch den Einzug der Drohnen auch für die Allgemeine Luftfahrt etwas zum Guten entwickelt, ist durchaus vorhanden, nämlich dann, wenn die oben genannten Kriterien erfüllt sind und das Kommunikationsnetz der Drohnen so ausgelegt wird, dass auch die Allgemeine Luftfahrt es nutzen kann, mit dem Ziel der  Übertragung von Verkehrsund Wetterdaten, oder auch um z. B. eine Telefon- Verbindung zur Flugsicherung herzustellen. Das Geschäftsmodell der Drohnen steht aber noch lange nicht, zu viele kritische Probleme sind noch ungelöst. Zwar gibt es einige Vorschläge, wie die Drohnen miteinander kommunizieren und sich ausweichen sollen, aber von europäisch oder sogar weltweit akzeptierten Standards ist man noch meilenweit entfernt. Auch weiß man nicht, wer denn für das Management der Drohnen verantwortlich sein soll: Die klassische Flugsicherung, ein  hoheitlich beauftragtes privates Unternehmen, oder wäre eine Wettbewerbssituation mit mehreren Unternehmen zur Drohnensteuerung möglich? Ebenso ungeklärt sind die Fragen, wie sich die Drohnen im Falle des Verlusts ihrer Datenverbindung verhalten, oder wie die gesellschaftliche Akzeptanz im Falle des gesteigerten Drohnenverkehrs über unseren Städten aussieht. Für die Paketlieferdienste ist es auf jeden Fall eine weise Entscheidung operativ noch nicht auf Drohnen zu setzen, die bestehenden Verträge mit ihren menschlichen Lieferboten werden sicherlich auf viele Jahre nicht  gekündigt werden.

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