Viele AL-Piloten, die wie gewohnt zum belgischen Flughafen Antwerpen EBAW fliegen wollen, werden seit einigen Wochen durch das NOTAM A1458/25 aufgeschreckt. Denn dort steht seit dem 5. März 2025:

„ALL FLIGHTS WITH ACFT USING AVGAS100LL NOT ALLOWED EXC PPR (DUE TO ENVIRONMENTAL RESTRICTIONS).“ Also, der Flughafen ist nur noch unter PPR anfliegbar, wenn das Flugzeug Avgas 100LL verbraucht. PPR wird aber nicht mehr gewehrt. Auf individuelle Anfrage wurde den Piloten klargemacht, dass auf Grund der aktuellen Umweltauflagen des Flughafens alle Flugzeuge nicht mehr aufgenommen werden, die verbleiten Sprit benötigen. Gewisse verbliebene Kontingente für Avgas-Flugzeuge seien zudem aufgebraucht.

Die europäische IAOPA hat sofort Kontakt mit den belgischen AOPA-Kollegen aufgenommen, die auch bestätigt haben, dass es eine Koalition von lokalen Flugzeugbetreibern in Antwerpen gibt, die sich mit einem Eilantrag vor Gericht gegen dieses NOTAM juristisch zur Wehr setzen wollen. Die IAOPA hat sofort juristischen Beistand angeboten, denn eigentlich kann es gar nicht sein, dass ein nach europäischen Standards zugelassener Flughafen für nach europäischen Standards zugelassenen Flugzeugen den Zugang verwehrt, weil sie nach europäischen Standards zugelassenen Kraftstoff verwenden.

Leider kam das juristische Hilfsangebot nicht an, aus welchen Gründen auch immer. Dafür steht das Ergebnis des Eilantrags der lokalen Flugzeugbetreiber gegen die Avgas Verbannung in Antwerpen fest: Es wurde leider abgelehnt. Die Begründung war im Wesentlichen, dass Avgas 100LL ab Mai 2025 in der EU verboten ist. Das stimmt so allerdings nicht, denn für Avgas 100LL stand in Europa zwar ein Produktionsverbot konkret zur Debatte, aber nie ein Nutzungs- oder Importverbot. Und derzeit stehen die Chancen sehr gut, dass nach einer positiven Begutachtung entsprechender Anträge der Mineralölindustrie durch die EU-Kommission auch eine übergangsweise Herstellung von Avgas 100LL in Europa bis 2032 final akzeptiert werden wird. Auch lassen die Messergebnisse der Luftüberwachung durch das deutsche Umweltbundesamt keine Zweifel aufkommen: Die verbleibenden Blei-Restwerte in der Luft liegen in Deutschland überall um ein Vielfaches unter den europäischen Grenzwerten, sie kommen zudem ganz überwiegend aus der Industrie und aus dem Straßenverkehr, da viele ältere Reifen und Bremsen noch Blei enthalten. Auch im benachbarten Belgien ist deshalb unter ganz ähnlichen Bedingungen davon auszugehen, dass die Allgemeine Luftfahrt für den Bleigehalt in der Luft ebenfalls keine Gefahr für die Gesundheit der Anwohner darstellt. Und eine solch drastische Betriebsbeschränkung einer Infrastruktur darf ohne den erbrachten Nachweis einer Gefährdung nicht einfach willkürlich vollzogen werden.

Kurze Zeit nach Antwerpen hat auch der Flughafen Ostende-Brügge EBOS mit einem Avgas 100LL-Verbot am 1. Mai 2025 nachgezogen. Ostende befindet sich wie auch Antwerpen im Eigentum der flämischen Region, bei der der Umweltschutz hoch auf der Agenda steht.

Die europäische IAOPA bittet alle Piloten, denen der Anflug in Antwerpen und Ostende verweigert wird, sich bei ihrer AOPA zu melden. Denn mit einer dokumentierten großen Zahl von Betroffenen kann auch das Ausmaß des Schadens klar gemacht werden. Derzeit prüfen Rechtsanwälte der AOPA alle Möglichkeiten zur Offenhaltung der Flugplätze, auch die Finanzierung einer Klage durch Crowdfunding wird in Erwägung gezogen.

Die AOPA-Luxemburg fasst die Situation in einem Artikel sehr gut zusammen:

Wir unterstützen das Ziel einer bleifreien Zukunft – aber nicht durch Chaos, Illegalität und Ausgrenzung. Der Schritt von Ostende und Antwerpen ist ein Angriff auf die Freiheiten der Luftfahrt, und wenn er unangefochten bleibt, schafft er einen gefährlichen Präzedenzfall für den Zugang zu Flughäfen in ganz Europa.

Die AOPA Luxemburg fordert die belgischen Behörden und die Betreiber von EBOS und EBAW auf, die Verbote sofort zurückzunehmen; oder die nach EU-Recht erforderliche vollständige rechtliche und wissenschaftliche Begründung zu liefern.

Bis dahin bleiben diese Beschränkungen willkürlich, diskriminierend und können rechtlich angefochten werden. Die AOPA Luxemburg steht für rechtmäßigen Zugang, technische Fakten und einen fairen Übergang – nicht für politisches Theater auf Kosten der Allgemeinen Luftfahrt.“

Betroffen von der Verbannung sind übrigens auch kleine zweimotorige Seeaufklärer der belgischen Küstenwache. Die Verbände IAOPA, GAMA und Europe Air Sports haben die Problematik bereits bei Meetings mit der EASA und der EU-Kommission vorgetragen, die über die Entwicklungen augenscheinlich „not amused“ sind. Die europäischen AOPAs haben anlässlich eines Regionalmeetings in Den Haag klar gemacht, dass sie ihre Fliegerkollegen in Belgien bei ihrem Vorgehen gegen diese ungerechtfertigten Betriebsbeschränkungen voll und ganz unterstützen.

Michael Erb
Vorsitzender der europäischen IAOPA