In der letzten Ausgabe des AOPA-Letters haben wir den Aufbau und die Struktur von Instandhaltungsprogrammen (IHP) behandelt. Eine mögliche Basis für das Instandhaltungsprogramm ist das von der EASA definierte Mindestinspektionsprogramm MIP. Das MIP soll für Flugzeuge, Segelflugzeuge, Motorsegler und Luftschiffe, die in Europa zum Verkehr zugelassen sind, drei Dinge ermöglichen. Erstens dient es als Basis für das Instandhaltungsprogramm, wenn der Hersteller eines Flugzeuges keine oder keine vollständigen Anweisungen für die periodische Wartung vorgenommen hat. Dies kann insbesondere bei alten Flugzeugen der Fall sein, deren Zulassung noch vor der Standardisierung von Wartungsdaten liegt. Eine andere Anwendung ist, wenn die Wartungsdaten nur in einer Sprache vorliegen, die von dem Halter und dem Mechaniker nicht gesprochen wird. Es soll als zweites dem Halter eine Option geben, die Wartung zu organisieren, zum Beispiel wenn die Definition von Abweichungen zu den Herstellerdaten zu aufwendig für die geplante Wartung erscheint.
Die dritte Funktion des MIP ist, sicherzustellen, dass die vom Halter gewählten Abweichungen von den Wartungsanweisungen der Hersteller dennoch eine untere Grenze kennen. Es definiert also einen von der EASA als sicher angesehenen Wartungsstandard, den man für die Gesamtheit der Europäischen Flugzeuge voraussetzen möchte. Für Hubschrauber gibt es kein Mindestinspektionsprogramm. Die EASA begründet es damit, dass man keinen gemeinsamen technischen Mindeststandard finden konnte, der allen zugelassenen Hubschraubern im Bereich von Teil-ML gerecht würde. Das Mindestinspektionsprogramm ist dabei von der EASA durch ML.A.302(d) in sieben Punkten inhaltlich definiert worden.
1. Die durch den Hersteller des Flugzeugs vorgegebenen Pflegeaufgaben. Hierzu gehören insbesondere das Abschmieren, Einölen oder Fetten an den dazu vorgesehenen Stellen, das Auffüllen von Flüssigkeiten oder die Reinigung von Filtern oder Ventilen.
2. Die Überprüfung aller Markierungen. Zum Fliegen eines Flugzeugs hat man nicht alle Betriebswerte im Kopf. Grenzen für die Motorüberwachung oder Fluggeschwindigkeit müssen auf den Instrumenten kenntlich gemacht werden. Technische Werte für die Vorflugkontrolle wie der vorgesehene Reifendruck, das verwendete Öl oder der verwendete Kraftstoff müssen am Flugzeug angebracht sein und wichtige Operationelle Hinweise wie zum Beispiel ein etwaiges Trudel-, Kunstflug oder Wolkenflugverbot des Flugzeugs, müssen gemäß Handbuch dem Piloten mitgeteilt werden.
3. Überprüfung der Leermasse und Leermassenschwerpunktlage. Damit während der Flugvorbereitung eine wahre Aussage über die Abflugmasse und den Fluggewichtsschwerpunkt getroffen werden kann, muss die Angabe im Wägebericht stimmen. Dies soll regelmäßig überprüft werden.
4. Operationeller Test des Transponders
5. Funktionaler Test des Piot-Statik-Systems
6. Operationeller Test des Motors, seiner Aggregate und Anzeigegeräte (falls verbaut)
7. Inspektion des Zustands der Struktur, der strukturellen Verbindungen, der eingebauten Systeme und Komponenten.
Eine wesentliche Definition ist hier der operationelle Test und der funktionale Test. Beim operationellen Test wird nur überprüft, ob das jeweilige System in operationellem Zustand ist. Bei einem Transponder beispielsweise reicht eine Anfrage an die lokale Flugsicherungseinrichtung, ob der Transponder korrekt ausstrahlt, und Position, Höhe und gegebenenfalls weitere Informationen aussendet. Bei einem funktionellen Test müssen Werte gemessen und mit den Sollvorgaben verglichen werden. Bei der Pitot-Statik-Anlage soll der Fahrtmesser, der Höhenmesser und das Variometer nicht nur anzeigen, die angezeigten Werte sollen innerhalb einer gewissen Toleranz auch den richtigen Flugzustand des Flugzeugs wiederspiegeln. Basierend auf diesen Inhaltsanforderungen kann nun ein Mindestinspektionsprogramm gezielt für ein spezifisches Flugzeug entwickelt werden. Um dies zu erleichtern, hat die EASA ein generisches Mindestinspektionsprogramm für jede betroffene Luftfahrtzeugkategorie in den Acceptable Means of Compliance veröffentlicht.
Wenngleich das MIP nach diesen AMC ML.A.302(d) generisch für alle Luftfahrtzeuge der entsprechenden Kategorie formuliert ist, ist es doch kein Freibrief um die Wartung schleifen zu lassen und keine Anleitung zum Herunterwirtschaften des Flugzeugs. Einige der Punkte sind im MIP wesentlich kompakter zusammengefasst als in vielen Herstellerhandbüchern, was es einfacher erscheinen lässt. Das MIP fast komplexere Aufgaben zu einem Punkt zusammen, zum Beispiel für die Steuerflächen: „Inspect aileron, flap, elevator, air brake and rudder assemblies, hinges, control connections, springs/bungees, tapes and seals. Check full range of motion and free play.” Ein Mechaniker, der ein Flugzeug nach MIP wartet, muss also hier aufpassen, das gesamte System zu überprüfen. Das Mindestinspektionsprogramm gleicht hier dem, was im Cockpit eine „Checkliste“ genannt wird. Es werden die Programmpunkte abgearbeitet und am Ende kontrolliert, ob wirklich nichts vergessen wurde.
Im Gegensatz hierzu stehen die Listen periodischer Kontrollen der Hersteller. Durch den genauen Bezug auf ein bestimmtes Muster können diese wesentlich genauer definieren, welche Schritte zur Überprüfung der Systeme und Strukturen notwendig sind, und welche Punkte genau kontrolliert werden sollen. Sie sind häufiger als „Do-Listen“ gearbeitet, denn als Checklisten. Das Mindestinspektionsprogramm kann in eine dem Flugzeug angepasste Do-Liste übersetzt werden. Dies ist insbesondere dann hilfreich, wenn die ersten Schritte in der Piloten-Eigner-Wartung gegangen werden.
Bei der Erstellung eines Instandhaltungsprogramms ist das MIP nur eine Grundlage für die komplette Wartungsplanung des Flugzeugs. Es müssen, je nach Nutzung, Alter, Stationierungsort, Bauweise oder Ausrüstung des Flugzeuges, passende zusätzliche Wartungsaufgaben definiert werden. Bei der Entwicklung auf Basis der Halterdaten wird oft gefragt, welche Maßnahme weggelassen werden kann. Dies ist oft eine einfachere Fragestellung.
Malte Höltken