AOPA-Letter 03/13

Selten hat sich die deutsche Öffentlichkeit so für ein Rüstungsvorhaben der Luftwaffe interessiert wie für die Drohne „Euro Hawk“, nachdem das Verteidigungsministerium den verlustreichen Ausstieg aus diesem Prestigeprojekt verkünden musste. Die Hintergründe für den Ausstieg sind zwar noch nicht abschließend geklärt, doch zeichnet sich ab, dass für diese Entscheidung die Unfähigkeit des unbemannten Luftfahrzeugs, andere Luftfahrzeuge zu erkennen und ihnen zuverlässig auszuweichen, eine wichtige Rolle gespielt hat.

 

Es wird darüber diskutiert, dass mindestens 500 Mio. € an weiteren Investitionen notwendig gewesen wären, um die Euro Hawk mir der notwendigen „Sense And Avoid“ Technologie auszustatten, die einen sicheren und nahtlosen Betrieb im Luftraum gemeinsam mit zivilen Luftfahrzeugen erlauben würde. Vermutlich muss man hinzufügen, denn die Hersteller wollten keine Erfolgsgarantie dafür geben, dass ihr „Sense And Avoid“ trotz Investitionen über 500 Mio. € auch wirklich funktionieren und zulassungsfähig sein wird.

 

Was hat das mit der Allgemeinen Luftfahrt zu tun? Auf den ersten Blick vielleicht nicht viel, auf den zweiten Blick aber doch sehr viel. Wer in den letzten Jahren Luftfahrtmessen wie die ILA, in Le Bourget oder in Farnborough besucht hat, der weiß, wie groß die Pläne der Luftfahrtindustrie sind, in den Markt der unbemannten Luftfahrzeuge einzusteigen.

 

Unsere Besorgnis als Vertreter der Allgemeinen Luftfahrt war immer, dass aufgrund der fehlenden Fähigkeit der Drohnen anderen Luftfahrzeugen zuverlässig auszuweichen, die Zahl der Luftsperrgebiete weiter wachsen und damit die Freiheit für die Allgemeine Luftfahrt abnehmen wird. Denn nur für den Euro Hawk wurden die weiträumigen Restricted Areas ED-R 147 bei Manching und die ED-R148 bei Schleswig geschaffen, die in den Zeiten ihrer Aktivierung für den VFR-Verkehr entweder gar nicht oder nur noch sehr eingeschränkt zugänglich waren. Und dies wäre sicherlich nur der Anfang eines großen Trends gewesen.

 

Ob diese Entscheidung gegen den Euro Hawk ähnliche Auswirkung auf den Markt der Drohnen haben wird wie seinerzeit der Konkurs des „Very Light Jet“-Herstellers Eclipse, der zum vollständigen Implodieren der gigantischen VLJ-Blase geführt hat, das bleibt abzuwarten. Aber angesichts vieler lautstarker Evangelisten des Drohnen-Zeitalters, die zukünftig sogar Pizza schnell, heiß und knackig mit Drohnen zu ihren Kunden nach Hause fliegen wollen und sich durch Cessnas und Pipers im unteren Luftraum in ihrem nicht-existenten Geschäftsmodell gestört sehen, tut dieser Dämpfer sicherlich gut.

 

Viele Experten erwarten, dass ein elektronisches System, das autonom arbeitet und einen Piloten in der Luftraumüberwachung wirklich 1:1 ersetzen kann, im zivilen Bereich noch mindestens 15 Jahre auf sich warten lassen wird. Solange sollte man das tun, was auch die Luftwaffe jetzt vorhat: Darüber nachdenken, ob man die Sensoren des Euro Hawk nicht in ein „richtiges“ Luftfahrzeug einbauen kann, in dem noch „richtige“ Piloten sitzen. Denn viele leichte Hubschrauber überwachen heute schon Stromleitungen und Pipelines sicher und zuverlässig aus der Luft für Preise, zu denen eine Drohne kaum jemals konkurrenzfähig sein wird.

 

Dr. Michael Erb