Während des Meetings des EASA-Komittees am 22. und 23. April in Brüssel wurde beschlossen, dass alle mehrmotorigen Turboprops mit bis zu 5700kg MTOM von der Verpflichtung die Betriebsvorschriften OPS-NCC einzuhalten befreit werden. Diese OPS-NCC Vorschriften treten für die Betreiber von komplexen Luftfahrzeugen im nichtgewerblichen Einsatz im August 2016 in Kraft. Die europäische IAOPA hat sich stark für diesen Kurswechsel eingesetzt, der jetzt im Wesentlichen die Definition eines komplexen Flugzeugs mit der eines „Large Aeroplane“ der ICAO gleichsetzen wird. Jedoch hätte der Kurswechsel aus unserer Perspektive noch deutlicher ausfallen sollen, da wir die Art des Antriebs eines Flugzeugs nicht für maßgeblich dafür halten, ob der Betrieb eines Flugzeugs komplex ist oder nicht. Zum Beispiel wird der einstrahlige Cirrus-Jet SF50 sicherlich nicht weniger gutmütig zu fliegen sein als einer seiner Turboprop-Wettbewerber. Viele EASA-Mitgliedsstaaten wissen zudem nicht, wie sie innerhalb der kurzen verbleibenden Frist bis August 2016 die neuen Regeln einführen sollen.

 

Unter dem Geltungsbereich der NCC-Vorschriften verbleiben alle Flugzeuge

  • über einem MTOW von 5700kg,
  • die von einem oder mehr Düsentriebwerken angetrieben werden,
  • die mehr als 19 Passagiersitze haben oder
  • von einer Besatzung von mehr als einem Piloten geflogen werden müssen.

 

Ihre Betreiber sind verpflichtet die neuen Betriebsvorschriften einzuhalten, die im Wesentlichen die Einführung neuer komplexer Sicherheits-Managementsysteme vorsehen. Für kleine Betreiber, die weniger als 20 Vollzeitbeschäftigte haben oder andere Kriterien erfüllen, die derzeit noch verhandelt werden, wird ein „NCC-Light“ eingeführt.

 

Parallel zu dieser Entwicklung arbeitet die europäische Kommission noch an einer Überarbeitung der sog. Grundlagenverordnung oder Basic Regulation, die auch eine Anpassung der Definition von komplexen Luftfahrzeugen vorsieht. Wir sehen unser Ziel darin, so viele Luftfahrzeugbetreiber wie möglich von dieser neuen Vorschrift komplett zu befreien, da die Sicherheitsanalyse für OPS-NCC keinerlei Bedarf für eine Änderung der Vorschriften aufzeigt. Denn der Werkverkehr von Unternehmen (Corporate Aviation) und die vom Eigentümer selbst durchgeführten Flüge (Owner operated) zeigen bereits heute eine bessere Sicherheitsstatistik als die gewerblichen Lufttaxis:

 

Accidents rates

Business aircraft accident rates by operator type. Quelle: EASA NPA 2009-02g

 

Letztlich muss man die OPS-NCC Vorschriften als ein Relikt aus den Zeiten betrachten, als die Airlines und die Flugsicherungen in Europa noch bis etwa im Jahre 2010 eine Masseninvasion von Very-Light-Jets befürchteten und deshalb die Einführung neuer Vorschriften forderten, durch die die Betreiber dieser Flugzeuge als Konkurrenten ausgebremst werden sollten. Aber die VLJ-Blase ist inzwischen nachhaltig implodiert. Die angekündigte Revolution blieb aus und wurde durch einen gänzlich unspektakulären und diskreten Austausch von älteren Kolbenmotorflugzeugen durch moderne Turboprops und Jets abgelöst. Die meisten Hersteller und alle Betreiber der VLJs sind längst verschwunden, was noch übrig geblieben ist sind die OPS-NCC-Vorschriften. Ein klarer Anachronismus.